Volutenkrater des Niobidenmalers

 

Inv. 211

Vergleichsgefäß

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Fragmente dieses Volutenkraters (Wandungs- und Schulterscherben, Henkelansatz, Henkelvolute – ursprügliche Höhe ohne Henkel 66 cm) werden der Werkstatt des sogenannten Niobidenmalers zugeordnet, eines attischen Vasenmalers der frühklassischen Zeit (2. Viertel des 5. Jahrhunderts v. Chr.). Seinen modernen „Künstlernamen“ erhielt er nach einem im Louvre befindlichen Krater, auf dem u. a. die Tötung der Niobiden dargestellt ist. Der Werkstatt dieses Malers werden etwa 350 Vasen zugeschrieben, sie ist damit schon durch die Anzahl der hergestellten Gefässe eine der bedeutendsten der Frühklassik. Aber auch qualitativ stehen die Arbeiten aus der Werkstatt des Niobidenmalers auf hoher Stufe. Am Fragment C des vorliegenden Gefäßes lässt sich z. B. eine genaue Erfassung der Frauenbekleidung und detailreiche Gestaltung beobachten. Auch die Gesichter erhalten jeweils individuelle Züge. Außerdem zeichnet die Vasenbilder dieses Malers eine große Themenvielfalt aus. Amazonomachien, Verfolgungsjagden, aber auch Abschiedsszenen und Opferspenden werden dargestellt. Auf den Fragmenten der Robertinumssammlung ist eine Szene erhalten, die mit dem Motiv der Brautentführung dem Themenkreis der Verfolgungen angehört. Die Töchter des messenischen Königs Leukippos werden von den Dioskuren Kastor und Polydeukes, die zur Hochzeit eingeladen waren, ihren zukünftigen Ehemännern entzogen. Auf dem größten Fragment (C) sieht man zwei Frauen, die sich an den Händen halten. Auf anderen Scherben sind Teile eines Gespannes erkennbar – z. B. ein Wagenrad auf Fragment A, Hinterläufe von Pferden mit Deichsel auf Fragment F. Die Gesamtszene wurde von C. Robert rekonstruiert, nach ihm war auf jeder Seite ein Gespann in vollem Galopp dargestellt. Die auf Fragment C kauernde Gestalt ist einer der lauernden Dioskuren, der andere (verlorene) hat die zweite Braut schon gepackt. Auf die gesamte Fläche sind noch weitere fliehende Frauen, Begleiterinnen der Königstöchter, verteilt.
Die attische rotfigurige Keramik wurde in großer Zahl exportiert, besonders in etruskischen Gräbern in Italien hat man viele dieser Vasen gefunden. Das vorliegende Stück stammt aus Ruvo und ist dort 1864 entdeckt worden.

Autor: Frauke Gutschke (2002)


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