Apulischer Kolonettenkrater

Inv.-Nr. 244

 

Im Zuge der griechischen Kolonisation im 8. und 7. Jahrhundert v. Chr., bei der es rund um das Mittelmeer zu Stadtgründungen durch griechische Auswanderer kam, entstanden auch in Süditalien mehrere Siedlungen. Nachdem dort zunächst Keramik aus Attika importiert wurde, etwickelte sich ab Ende des 5. Jahrhunderts v. Chr. eine heimische Produktion. Typisch für Apulien ist im 4. Jahrhundert v. Chr. die rotfigurige Keramik, die im Unterschied zu den attischen Vorbildern durch den intensiven Gebrauch weißer und gelber Farbe bereichert ist. Zahlreiche Gefäße sind nahezu unversehrt erhalten, da sie als Grabbeigaben dienten und teilweise sogar extra für diesen Zweck hergestellt wurden. In der praktischen Verwendung gehörte der Krater zum Trinkgeschirr – als Mischkrug, in dem der (in der Antike etwas stärkere) Wein mit Wasser etwa im Verhältnis 1:3 gemischt wurde. Das Weinrankendekor am Hals nimmt auf diesen Gebrauch Bezug. Darunter befinden sich gegenüberliegend zwei Bildfelder. Auf dem einen ist eine reich gekleidete Frau zu sehen, die auf einem Felsen sitzt und sich zu einem Altar zurückwendet. Sie hält einen Kranz, einen großen Kasten mit Opfergaben und eine Handtrommel. Auf der anderen Seite ist das ganze Feld von einem Frauenkopf ausgefüllt. Solche Frauenköpfe sind recht häufig in der apulischen Gefäßmalerei, oft ohne Attribute. Möglicherweise ist damit eine Gottheit mit Bezug zur Unterwelt gemeint, denn augenscheinlich ist der Kopf als gerade aus der Erde aufwachsend verstanden. Durch die genaue Beobachtung auch kleinster Details können die Gefäßmalereien verschiedenen Malern zugewiesen werden. In diesem Fall zwei verschiedenen, die jeweils eine Seite des Gefäßes gestalteten: der sogenannte Pateramaler die sitzende Frau und der Amphoraemaler den Frauenkopf, beide nach Gefäßtypen benannt, die auf vielen ihrer Bilder vorkommen. Die Bezeichnung Kolonettenkrater leitet sich von den stabförmigen Henkeln ab, die diesen Gefäßtyp von anderen Kraterformen unterscheidet.

Stefan Heil (2002)


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