Schon in frühester Menschheitsgeschichte, seit der jüngeren Altsteinzeit (ca. 30000 Jahre vor Chr.), begegnen uns Idole – stilisierte menschliche Figuren aus Holz, Ton, Knochen, Geweih oder auch aus Stein, wie wir sie hier vor uns sehen. In ihrer Abstraktion erinnern diese Marmoridole an moderne Kunst. Wahrscheinlich war es eben jene Assoziation, die das besondere Interesse für die sogenannte Kykladenkultur weckte.
Die Kykladenkultur, benannt nach der Inselgruppe zwischen griechischem Festland und kleinasiatischer Küste, umfasst weitestgehend die frühe Bronzezeit ( 3200–2100 v. Chr.).
Nach einzelnen Fundorten wurde sie in drei Epochen geteilt: Grotta-Pelos -, Keros-Syros- und Phylakopikultur. Jede dieser Epochen brachte auch eine Entwicklung und Veränderung in Form und Aussehen der Figuren mit sich. So sind die ersten Vertreter ihrer Art noch ohne Kopf gearbeitet und die Gestaltung des Körpers erinnert an eine Violine. Durch Einflüsse aus Syrien entwickelt sich parallel zu den Violinenidolen der Plastirastyp. Als Kennzeichen tragen die Figuren dieses Typs in all ihrer Nacktheit einen Polos, eine hutartige Kopfbedeckung.
Jetzt kristallisiert sich durch klare Angabe der Brüste schon heraus, dass es sich fast ausschließlich um weibliche Figuren handelt. Auch wird die typische Haltung mit vor dem Bauch verschränkten Armen geprägt.
Unsere beiden Exemplare gehören der Keros-Syros Kultur ( 2600–2300 v. Chr.) an. Auf einem schildförmigen, zurückgeworfenen Kopf, der auf einem überlängten Hals sitzt, tritt die Nase plastisch hervor. Die Figuren sind sehr flach gearbeitet, mit deutlicher Betonung der breiten Vorder- und Rückansichten gegenüber den Seiten.
Noch nicht völlig im Klaren ist man sich über die genaue Bedeutung dieser zumeist in Gräbern gefundenen Figuren, die eine erstaunliche Größe von 1,50 m erreichen konnten.
Autor: Dorothea Mauermann (2002)