Fragment eines Sarkophagdeckels

Inv.-Nr. 594

Im 2. und 3. Jahrhundert n. Chr. war in der römischen Oberschicht die Bestattung in monumentalen Marmorsarkophagen beliebt, die oft mit reichem Reliefschmuck versehen waren.
Vom Deckel eines solchen Sarkophags haben sich hier vier zusammenhängende Fragmente erhalten. Ein jugendlicher männlicher Kopf im Profil zeigt die rechte Begrenzung an, links daneben findet sich eine szenische Darstellung in einem gerahmten Feld, untere und linke Kante sind gebrochen, ein erheblicher Teil des Reliefs ist verloren. Die mythologische Szene kann eindeutig als der Tod des griechischen Helden Meleager bestimmt werden, ein Thema, das sich häufig auf Sarkophagen findet: Nach der erfolgreichen Jagd auf den gewaltigen kalydonischen Eber kam Meleager in einem Verwandtenstreit ums Leben. Auf dem Relief wird sein Leichnam von drei Männern getragen, voran geht der Vater Meleagers, König Oineus. Ziel des Zuges ist der am rechten Bildrand erkennbare Grabbau.
Die Fragmente wurden 1903/04 von Carl Robert erworben, sie sind aber bereits in einer Publikation von 1888 beschrieben. Zu diesem Zeitpunkt befanden sie sich auf einem Gutshof an der Via Appia bei Rom, in dessen Nähe sie wohl auch gefunden wurden. Das Stück war damals noch vollständiger, auf der heute verschollenen linken Seite befand sich eine Darstellung des Jagdmahls. Zum Leichenzug ist links vom erhaltenen Teil ein Zweigespann zu ergänzen. Zwischen beiden Szenen befand sich in ovaler Rahmung die Widmungsinschrift:

D[ies] . M[anibus]
ET . MEMORIAE . TITI
SVLPICI . SERA
NI . C[larissimi] . V[iri]

(Den Göttern der Unterwelt und zum Gedenken an Titus Sulpicius Seranus, den ausgezeichneten Mann.)

Der Stil des Reliefs weist auf eine Herstellung des Sarkophags im ausgehenden 3. Jahrhundert n. Chr. Zwar ist die Oberfläche sorgfältig geglättet, aber deutlich ist der starke Einsatz des Bohrers zu erkennen, besonders bei der Gestaltung der Haare. Die Steinmetzwerkstätten dieser Zeit haben sich auf diese Weise die Arbeit erleichtert – um den Preis einer Vergröberung der Reliefs.

Autor: Henryk Löhr (2002)


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