Diese kleine Terrakottaplastik einer stehenden Frau ist ein schönes Exemplar der sogenannten Tanagrafiguren, die nach ihrem Hauptfundort Tanagra in Böotien (Mittelgriechenland) benannt wurden. Durch Grabungen in den antiken Gräberfeldern dieses Ortes kamen Ende des 19. Jahrhunderts besonders viele dieser Figuren, die als Grabbeigaben dienten, ans Tageslicht. Die 5–30 cm hohen Tonfiguren zeigen meist Frauen in alltäglichen Haltungen. Sie wurden serienmäßig in Formen gepresst, bei Bedarf nachmodelliert und danach gebrannt und bemalt. Wegen ihrer Beliebtheit bei Sammlern und Museen entstand sehr bald eine regelrechte Fälscherindustrie. Durch naturwissenschaftliche Untersuchungen (Thermolumineszenzverfahren) konnte aber vor einigen Jahren die Echtheit fast aller Stücke der halleschen Sammlung erwiesen werden.
Die Figur wurde 1894/95 in Athen erworben, und zeigt eine stehende Frau, die mit langem Chiton (Untergewand aus Leinen oder Baumwolle) und Himation (einem großen Tuchmantel) bekleidet ist. Die Arme sind im Mantel verborgen und die Haare zu einem Knoten gebunden.
Autor: Stefan Heil (2002)